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Zweckentfremdete Beitragsgelder in Milliardenhöhe: Drohen uns jetzt noch höhere Krankenkassenbeiträge?

Vor kurzem wurde gemeldet, dass mehrere gesetzliche Krankenkassen vor der Insolvenz stehen würden. Bei den in den letzten Jahren immer weiter ansteigenden Krankenkassenbeiträgen stellt sich die berechtigte Frage: wohin geht das Geld?

Während der Corona-Zeit standen die Krankenhäuser leer, was bedeutet, dass die Krankenkassen weniger teure stationäre Behandlungen bezahlen mussten. Insofern sollte eigentlich eine finanzielle Reserve aufgebaut worden sein. Statt dessen wird immer mehr erhöht, mehr und mehr ambulante Leistungen werden gestrichen, Präventionsangebote wie Reha-Behandlungen, Massagen, Lymphdrainagen, Sport und Ernährungsberatung werden (abgesehen von teuren Impfungen) kaum noch bezahlt.

Durch die Reformen im Gesundheitsbereich werden zunehmend Krankenhäuser geschlossen, so dass die stationäre medizinische Versorgung nicht mehr im gleichen Umfang verfügbar ist wie früher. Das macht sich in ländlichen Regionen deutlich bemerkbar. Im Jahr 2010 hatten wir noch 2064 Krankenhäuser, im Jahr 2023 nur noch 1874. Dadurch reduziert sich die Bettenzahl von 502.749 im Jahr 2010 auf 476.924 im Jahr 2023 [1].

Allein die Reduzierung der Bettenzahl bewirkt, dass es weniger bezahlte Belegungstage gibt: ca. 141.942.000 in 2010 im Vergleich zu 123.894.000 in 2023. Auch die Verweildauer reduziert sich stetig von 7,9 Tage in 2010 auf 7,2 Tage in 2023. Bei den Fallzahlen ist ebenso eine Abnahme zu erkennen: 18.032.903 in 2010 auf 17.202.131 in 2023 [2]. Es werden also weniger Behandlungen durchgeführt, welche durch die Krankenkassen bezahlt werden müssen.

Auch die Intensivbetten wurden von 40.495 im August 2020 auf 18.920 im März 2025 reduziert. Dadurch reduzierte sich die Reserve für Notfälle von 12.202 Betten (Stand 08.08.2020) auf aktuell 5.501. Es ist darüber hinaus kein Intensivpflege-Personal vorhanden, also müssten für die Ausweitung der Intensiv-Kapazitäten normale Stationen geschlossen werden. Der reguläre Betrieb brach im Dezember 2020 ein durch Krankheitsausfälle und finanzielle Kürzungen sowie durch die Betretungsverbote infolge der Einrichtungs-bezogenen Impfpflicht. Der daraus resultierende Personalmangel verhindert bis heute den regulären Betrieb; die meisten Krankenhäuser arbeiten weiterhin mit personeller Unterbesetzung nicht nur auf den Intensivstationen. Die intensivmedizinische Betreuung ist bei der aktuellen Budgetierung ein Verlustgeschäft für die Betreiber, weshalb sich daran nichts verbessern wird [3].

Abbildung 1: Anzahl der Intensivbetten in Deutschland – belegt, frei und Notfallreserve

Absurderweise sind trotz der Tatsache, dass die Zahl der Krankenhäuser und der Krankenhausbetten deutlich gesunken ist und die Fallzahlen nicht wesentlich gestiegen sind, die Kosten für die stationären Behandlungen von 1991 auf 2022 drastisch angestiegen [4].

Abbildung 2: Entwicklung der Fälle, Krankenhäuser, Betten, Berechnungstage und der Krankenhauskosten

Auch hört man von allen Seiten, wie schwierig es ist, einen Hausarzt zu finden, oder einen Facharzt-Termin zu bekommen; in manchen Gegenden steht man z.B. beim Kardiologen ein ganzes Jahr auf der Warteliste. Die Abwanderung von Ärzten in Länder wie Schweden, Dänemark oder die Schweiz aufgrund von besserer Bezahlung und angenehmeren Arbeitsbedingungen ist deutlich zu spüren – die versprochene Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland leider nicht. Unter niedergelassenen Ärzten, die in Rente gehen und ihren Kassensitz an einen Nachfolger verkaufen wollen, herrscht zunehmend Verzweiflung, da kaum Interesse besteht.

Der Aufbau von Medizinischen Versorgungszentren von 70 (2004) auf 4.897 (2023) scheint den Bedarf an hausärztlicher und fachärztlicher ambulanter Behandlung nicht ausreichend abzudecken [5].

Abbildung 3: Entwicklung der Zahl der Medizinischen Versorgungszentren

Zudem wurden ab Januar 2024 durch die Ambulantisierungs-Reform vermehrt bislang stationäre Behandlungen auf ambulante Leistungen in Medizinischen Versorgungszentren verschoben. Das betrifft circa 300.000 vollstationäre Fälle pro Jahr, die seither ambulant behandelt werden, wodurch sowohl Personal als auch Bettenkapazitäten in den Kliniken eingespart werden [6].

Erhöhte Arzttarife können nicht der Grund für die Beitragserhöhungen gewesen sein; die Gebühren-Ordnung für Ärzte ist zuletzt am 01.01.1996 angepasst worden.

Die Anzahl der Arzneimittelverordnungen ist deutlich zurückgegangen, während der Wert der Verordnungen massiv angestiegen ist [7].

Abbildung 4: Entwicklung der Zahl der Arzneimittelverordnungen und deren Wert pro Verordnung

  

Abbildung 5: Ausgaben der GKV für Arzneimittel im Jahresvergleich

Die Ausgaben der GKV für Arzneimittel steigen von Jahr zu Jahr deutlich an [8]. Dabei werden z. B. bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen zunehmend überteuerte neue Medikamente wie Monoklonale Antikörper und Checkpoint-Inhibitoren eingesetzt, während bewährte alte Medikamente mit bekanntem, schlankerem Nebenwirkungsprofil und guter Wirksamkeit in Vergessenheit geraten, obwohl sie deutlich günstiger wären. Hier könnten Kosten verringert werden.

Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Medikamente, die sich in ihrer Wirkung und Sicherheit bewährt haben, dürfen nicht zur Erzielung immer größerer Gewinnmargen der Pharmaindustrie bei den verordnenden Ärzten aus der Leitlinie gestrichen werden und dadurch in Vergessenheit geraten. Es werden nach Ablauf der Marktexklusivität immer neue, u.a. durch Patente vor Nachahmung geschützte Medikamente von den Pharmafirmen auf den Markt gebracht. Diese können dann durch den Schutz vor Nachahmung in der Regel für 13 bis 15 Jahre teuer verkauft werden; begründet wird dies mit den Investitionskosten für die Entwicklung.

Aber braucht es wirklich für bereits gut behandelbare Beschwerdebilder immer neu entwickelte Medikamente, deren vollständiges Nebenwirkungsprofil von den behandelnden Ärzten erst im Laufe der Zeit im längerfristigen Einsatz am Patienten erkannt wird? Dass man den Angaben von Pharmafirmen und deren Werbetextern nicht blind vertrauen darf, wenn es um Nebenwirkungen geht, lernen Medizinstudenten in der Pharmakologie-Vorlesung anhand historischer Beispiele und Nichtmediziner durch bittere eigene Erfahrungen (z.B. Contergan, Vioxx, „Corona-Impfstoffe sind sicher und effektiv“). Die Tendenz, immer neue Medikamente einzusetzen, ist nicht auf die Qualität der neuen Medikamente, sondern auf Profitgier zurückzuführen und gefährdet die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten.
Bei den Kosten für Arzneimittel muss auch das Problem der Mehrwertsteuer auf Medikamente angesprochen werden: in Deutschland liegt diese bei 19 %, während Länder wie Schweden 0 % Mehrwertsteuer auf Medikamente erheben, um die Kosten zu reduzieren [9].

Abbildung 6: Mehrwertsteuersätze für Arzneimitte in verschiedenen Ländern

An den zahnärztlichen Behandlungen und am Zahnersatz kann die drohende Insolvenz der Krankenkassen ebenfalls nicht liegen; die Kosten stiegen von 2017 (14,1 Mrd.) bis 2022 (16,7 Mrd.) nicht extrem an [10]
.
Ein weiterer interessanter Posten bei den Ausgaben ist die Betriebliche Gesundheitsförderung, die anscheinend nicht von den Betrieben, sondern von den Krankenkassen bezahlt wird. Die Kosten dafür stiegen von 76,8 Mio. Euro (2014) auf 257,4 Mio. Euro (2022). Muss dafür, dass sich ein Betrieb die Gesundheitsförderung als Feder an den Hut stecken kann, wirklich der Beitragszahler einspringen, der gar nicht in dem Betrieb arbeitet und davon nichts hat?

Auch die Ausgaben für die Gesundheitsförderung in Lebenswelten stiegen von 31,7 Mio. Euro (2014) auf 158,7 Mio. Euro (2022). Hierunter kann man sich erst einmal nicht viel vorstellen, findet aber einiges dazu im Internet z.B. über diesen Link.

Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative der gesetzlichen Krankenkassen, die das GKV-Bündnis für Gesundheit Interventionen der Gesundheitsförderung und Prävention nach dem Lebenswelt-Ansatz unterstützen. Verbarg sich während der Corona-Zeit darunter eine massive Impfkampagne? Wird hier aktuell die Gender-Ideologie beworben? Generell scheint dieser Etat dem Verschwenden von Geldern für sinnlose Planungen vorbehalten zu sein – jedenfalls findet man keine klaren Angaben, was genau mit diesem Geld finanziert wird [11].

Abbildung 7: Ausgaben für Prävention und Gesundheitsförderung

Wenn man sich die Statistiken ansieht, sollten jedoch durch die gestiegenen Beiträge die oben genannten Ausgaben gedeckt sein. Warum stehen also die Kassen trotzdem vor der Insolvenz? Hier kommen wir zu den von der Allgemeinbevölkerung kaum wahrgenommenen Interventionen der Politik:

Durch die Entnahmen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds wurden enorme Summen zweckentfremdet; die Beitragszahler haben bis heute keine angemessene Entschädigung gesehen. Stattdessen sollen sie noch mehr einzahlen, während das Geld, das entnommen wurde, wohl nie zurückgezahlt werden wird.

Dabei handelt es sich um folgende Beträge [12]:

  • 2021 – 2023: insges. 1.800 Mio. EUR Betriebsrentengesetz
  • 2020: 2.370 Mio. EUR coronabedingte Sonderentnahmen inklusive Masken-Deals
  • 2020: 225 Mio. EUR Ausgleich Rechnungszuschlag
  • 2017: 1.500 Mio. EUR Ausgleich von Mehrbelastungen bei der Gesundheitsversorgung von Asylberechtigten u. beim Aufbau der Telematik-Infrastruktur
  • 2016 – 2023: insges. 1.290 Mio. EUR Auszahlung für Krankenhausstrukturfonds
  • 2016 – 2024: insges. 1.035 Mio. EUR Auszahlung für Innovationsfonds
    (wobei sich hier speziell die Frage stellt, an wen bzw. wofür diese Gelder geflossen sind und was der Beitragszahler dafür bekommt.)
Abbildung 8: Entwicklung der Liquiditätsreserven des Gesundheitsfonds

Zusammengerechnet wurden seit 2016 8,22 Milliarden Euro an Beitragsgeldern den Beitragszahlern weggenommen und nie zurückgezahlt. Wir hätten also eigentlich einen deutlichen Überschuss in den Krankenkassen!

Diese Sonderentnahmen sind allesamt der offensichtlich verfehlten Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte geschuldet. Somit stellen sich nun die naheliegenden Fragen:

  1. Wie fordern wir die veruntreuten Beitragsgelder wieder zurück?
  2. Wie stellen wir sicher, dass die Beitragszahlungen auch dem Versicherten wieder vollständig zur Verfügung stehen und nicht dafür eingesetzt werden, Finanzlöcher zu stopfen?
  3. Wie schützen wir uns als Beitragszahler davor, dass erneut über unsere Beiträge so freizügig entschieden wird?

Quellen

[1]  https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/3_Service/3.3._Zahlen-Fakten/Foliensatz_KHstatistik20241119.pdf

[2]  https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Tabellen/gd-krankenhaeuser-jahre.html

[3]  https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen

[4]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 33

[5]  https://www.kbv.de/media/sp/mvz_entwicklungen.pdf, Seite3

[6]  https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_1727488.jsp

[7]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 45

[8]  https://www.vdek.com/presse/daten/d_ausgaben_arzneimittel.html, https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/d_ausgaben_arzneimittel/gkv_ausgaben_arzneimittel_mrd_eur_2019_2024_vorlaeufig.jpg

[9]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 46

[10]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 42

[11]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 49

[12]  https://www.vdek.com/presse/daten/_jcr_content/par/publicationelement_1479644990/file.res/vdek_basisdaten_2024.pdf, Seite 22